

Niederschmetternde Diagnose
Claudia Maria, Betroffene und Takeda KDS-Botschafterin
Begonnen hatte alles mit der Diagnose Morbus Crohn, die ich als Teenager bekam. Dies ist eine Darmentzündung mit einer gar niederschmetternden Prognose. Viel Schmerz, Pein und Entbehrungen bringt diese Grunderkrankung mit sich. Doch dabei blieb es nicht. Eine vermeintliche Blinddarmentzündung stellte sich als entzündeter Darmabschnitt von über einem Meter heraus. Der Darm drohte zu platzen. Beim Herausschneiden des entzündeten Darmteils wurden die beiden Endteile nicht ordnungsgemäß zusammengenäht. Dies bescherte mir wenige Jahre später eine weitere Notoperation mit fatalen Folgen. Keine Naht wollte im entzündeten Gewebe halten. Immer mehr Stücke wurden herausgeschnitten, bis dann endlich bei einer Restdarmlänge von 90 Zentimetern der Faden hielt. Die meisten Menschen haben einen Darm, der zwischen 4 bis 5 Metern misst.

Fehlende Nährstoffe
Das Krankenhaus wurde jetzt mein inoffizielles Zuhause. Ein Körper, der nur noch zirka 10 Prozent seiner üblichen Darmlänge hat, gerät in Alarmzustand, da er nicht mehr in der Lage ist, genug Nährstoffe aufzunehmen. Die Ärzte haben vieles ausprobiert, um mir zu helfen, aber fast alles wurde wieder verworfen. Es geisterte etwa die Idee herum, dass ich vielleicht Nahrung besser resorbieren könnte, wenn ich nichts trinke. Alle Getränke wurden mir verwehrt, und ich wurde so durstig, dass ich heimlich das Blumenwasser zu trinken begann. Dadurch entwickelte ich eine echte Wasserneurose, so dass ich mich noch Jahre später ständig davor fürchtete, nicht genügend Wasser im Haus zu haben. Da ich über den normalen Verdauungsvorgang keine nennenswerte Menge an Nährstoffen aufnehmen konnte, erhielt ich Infusionstherapien über einen zentralen Venenkatheter. Dazu musste ich 12 bis 16 Stunden täglich an diversen Infusionslösungen hängen. Immerhin hatten wir so eine Methode, welche mich vor dem unmittelbaren Hungertod bewahrte.

Leben aus der Steckdose
Das ging über Jahre so: abends an den Katheter mit Übernachtung im Krankenhaus, tagsüber für wenige Stunden was unternehmen, vielleicht ins Kino gehen, einkaufen oder einfach die Sonne genießen, und dann wieder ab ins Krankenzimmer zum Infundieren. Einfach war das nicht, doch ich ließ mich nicht unterkriegen. Immerhin ergab sich sogar die Möglichkeit einer beruflichen Mithilfe, denn als ausgebildete Bauzeichnerin konnte ich mein Geschick im kardiologischen Grafikbüro einsetzen. So fuhr ich mit Infusionsständer und Infusion morgens in den zehnten Stock zu meinem Job und kehrte später zum Leben in den fünften Stock der Klinik zurück. Ich erinnere mich noch gut an mein Leben aus der Steckdose, mit einem Lebensradius von ein bis zwei Metern. Da gab es einmal eine brenzlige Situation, als ich in der Uni-Klinik einen Aufzug nehmen wollte, der keine oder eine sehr ungünstig platzierte Lichtschranke hatte. Der Aufzug kam, die Besucher gingen rein, mein Infusionsständer war drinnen, die Tür ging zu – und ich noch draußen. Geistesgegenwärtig schraubte ich in Windeseile meine Infusion ab. Der Aufzug verschwand in die Höhe. Ich stand bluttropfend unten, hatte überlebt, aber mir damit mal wieder eine der unzähligen Katheterinfektionen eingefangen.
Allen war klar, dass mein Daueraufenthalt im Krankenhaus ein Problem war. Einmal von der Kostenseite her und dann natürlich auch für andere Patienten, die ebenfalls ein Krankenbett brauchten, welches ich permanent belegte. Tja, was soll ich sagen – wer will schon gerne im Krankenhaus leben – selbst ich nicht! Zu meinem Glück fiel die Entwicklung der parenteralen Heimernährung in diese Zeit. Damit konnte mein Nährstoffbedarf nun genau ermittelt werden und wir deckten diesen mittels Infusion über einen Broviac-Katheter. Dieser lenkte die Nährstoffe direkt in die Blutbahn – ohne Beteiligung des Magen-Darm-Trakts. Ganz ohne Risiken war das aber nicht, denn von fünf Testpatienten bin ich die einzige, die heute noch lebt. Unsere Erfahrungen haben maßgeblich zur Weiterentwicklung der Heimparenterealen Ernährung, wie wir sie heute kennen, beigetragen.
Mit Lebenseifer zog ich wieder zu Hause ein, denn Bock auf ein normales Leben hatte ich auf jeden Fall. So habe ich trotz täglicher stundenlanger, parenteraler Ernährung – jetzt zu Hause – zuerst das Abi und dann eine Schneiderlehre nachzuholen versucht. Aber da waren die bösen Fehlzeiten. Täglich grüßte das Murmeltier: Ein Krankenhaus-Kurztrip reihte sich an den nächsten. Ich hatte sehr gute Noten, war sehr ambitioniert, jedoch killten mich die Fehltage. Nach drei Anläufen gab ich auf. Ich war frustriert! Wie oft würde ich mich denn wieder zu einem Neuanfang aufraffen müssen? Habe ich überhaupt die Kraft dazu? Will ich dies überhaupt?

Bock auf ein normales Leben hatte ich auf jeden Fall.
Das Leben kann nur gut: Philip und unser eigenes Business
Doch Pessimismus stand mir noch nie gut. Schon damals prägte mich mein Lebensmotto: Das Leben kann nur gut! Bis heute empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit gegenüber meiner Familie, meinen Ärzten und meiner Krankenkasse. Ohne sie wäre ich bestimmt nicht mehr auf diesem wunderbaren Planeten. Obschon ich eine sehr teure Patientin bin, hat meine Kasse noch nie gemeckert. Aus erster Hand weiß ich, dass Patienten wie ich nicht unbedingt immer hochwillkommen sind. Ich hatte auch schon Sepsis-Notfälle, bei denen ich als Patientin abgewiesen wurde und eine andere Intensivstation aufsuchen musste. Das ist unschön, zeigt mir aber auch, wie viel Aufwand ich eigentlich verursache und wie sehr sich die Gemeinschaft die meiste Zeit für mein Wohlbefinden einsetzt. An mehreren Stellen auf meinem Weg hing mein Leben an einem dünnen Faden, doch jedes Mal fing mich das System auf und gab mir eine weitere Chance. Dankbar bin ich vor allem auch meinem heutigen Mann, Philip. Er ist ein warmer, fürsorglicher Mann und hat immer eine helfende Hand, ein warmes Lächeln und ein gutes Wort für mich und meine Wehwehchen parat. Er ist von uns beiden der bessere Analytiker. Unendliche Stunden haben wir bisher damit verbracht meine Lebens- und Gesundheitssituation zu durchleuchten. Gleichzeitig brachte uns meine Lebensgeschichte dazu, unser eigenes Business mit pflanzlichem Proteinpulver und Superfoods aufzubauen. Für mich sind diese Produkte sehr hilfreich.
Sie unterstützen mich bei einer gesunden Lebensführung und einer ausgeglichenen Ernährung. Viele meiner Kunden machen ähnliche Erfahrungen.
Manchmal fühle ich mich, als lebte ich in einem Märchen. Und hin und wieder schlägt dann halt ein Bösewicht zu. Das letzte mal war der Bösewicht ein Morbus Crohn-Schub im März 2016. Heimlich und leise konnte er sich anschleichen. An einem sonnigen Sommertag fand Phil mich regungslos und blutüberströmt im Bad. Ich hatte auf dem Weg ins Bad mein Bewusstsein verloren. Oh, ich erinnere mich noch ganz genau, als ich wieder zu mir kam und meinen Mann weinen hörte. Er hielt meinen Kopf und ich hörte ihn sagen: „Komm zurück, ich brauche dich. Bitte geh nicht“. Ich musste zur Liebe meines Lebens zurück. Phil bedeutet mir so viel. Manchmal fühle ich, dass ich für uns beide stark sein muss, aber wir gehen zusammen durch dick und dünn.

Persoenliche Geschichten | Claudia Maria | Text | Das Leben ist wunderschön
Das Leben ist wunderschön
Heute umfasst mein Behandlungsplan auch eine Hormontherapie, die ich mir täglich injiziere. Ich bin zufrieden mit dem auf mich abgestimmten Behandlungsplan. Aber jeder Mensch mit KDS ist anders und muss zusammen mit seinem Arzt seine eigene Strategie finden. Entscheidend ist, dass wir Patienten uns aktiv an unserem eigenen Wohlbefinden beteiligen. Unsere Erfahrung kann unglaublich wichtig sein, etwa wenn wir den jungen Notarzt aufmunternd, wenn auch zähneklappernd, zur Katheter-OP überreden: „Bringen Sie mich in den OP! Keine Narkose! Ich sage ihnen wo alles liegt und was sie machen müssen. Sie operieren.“
Das ist keine Prahlerei meinerseits. Das ist mein Überlebensinstinkt. Und der ist absolut phänomenal! Hätte ich damals, nach der Notoperation schon gewusst, dass ich zehn Jahre meines Lebens im Krankenhaus verbringen würde oder dass mein Überleben für über sechzehn Jahre komplett von der parenteralen Ernährung abhängen würde: Vielleicht hätte ich das Handtuch geworfen – maybe. Lange Zeit hat kaum einer geglaubt, dass ich mein heutiges Alter erreichen könnte. Ich sehe mich heute weder als Opfer, noch bin ich wütend, traurig oder frustriert.
Ich bin dankbar, unendlich dankbar für mein Leben und meine Erfahrungen mit Morbus Crohn, Kurzdarm-Syndrom und parenteraler Ernährung.
Meine Erfahrungen machten mich zu der Person, die ich bin. Ich kann Ihnen sagen, ich gefalle mir richtig gut!
Mit all meinen vielen Lachfalten, meinen beuligen Knien und meinem gut durchoperierten Bauch und Oberkörper. Schenkt das Leben Dir Brennesseln, mach einen grünen Smoothie draus! Schenkt es Dir einen Darm, der sich unkontrolliert entleert, wasch Deine Kleider! Und schenkt es Dir einen schwarzen Infusionsrucksack, gestalte ihn nach Deinem Geschmack – das ist jedenfalls mein nächstes Projekt. Wir, die mit KDS leben, können und “dürfen” glücklich sein. Ich kann stets die sonnige Seite in meinem Leben erkennen, weil ich mich dafür entschieden habe. Das Leben ist wunderschön. So wie es ist und so wie wir es gestalten! „Ich ungebremst!“ Bevor sich unsere Wege nach dieser kleinen Reise nun wieder trennen, möchte ich Ihnen einen Herzenswunsch mit auf den Weg geben: bleiben auch Sie ungebremst!
